Jetzt ist schon wieder was passiert.
Zuerst ermordert einer knapp 80 Menschen in Norwegen, und jetzt hat auch Deutschland seine Mordserie. 7 Türken, 1 Grieche, eine Polizistin - alle tot. Und während rundherum noch Fassungslosigkeit herrscht, wie sowas passieren konnte, liegt die Antwort eigentlich auf der Hand.
Verrückte Einzeltäter werden die Mörder genannt. Mag vielleicht stimmen, zumindestens irgendwie bei Anders Behring Breivik, der am 22. Juli 2011 69 Jugendliche auf der Insel Utoya erschossen hat, kurz nachdem er eine Bombe im Stockholmer Regierungsviertel gezündet hat. Die Jugendlichen hatten sich bei einem Sommercamp der Jugendorganisation der Arbeiderpartiet, der sozialdemokratischen Partei Norwegens, getroffen. Einenhalb Stunden dauerte sein Massakker. Das Motiv seiner Taten ist rechtsextremistisch.
Die Saat also geht auf. Solche Taten entstehen nicht von heute auf morgen. Vorausgegangen ist ein jahrelanges wegschauen, ein konstantes ignorieren der Tatsachen. Rechtsextremismus ist keine Randerscheinung mehr, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Rechtsextreme Parteien bekommen heute mehr Zuspruch denn je zuvor, und können nahezu ungestraft ihre Propaganda verbreiten. Aber auch andere tragen ihr Stück dazu bei. Sogar die SPÖ unterstützt (
bis auf eine wohltuende Ausnahme) verschärfte Zuwanderungspakete, Medien, allen voran der Boulevard schüren Hass gegen alles was "fremd" ist. Die ÖVP trägt mitunter die Hauptschuld daran, sie war es, die die FPÖ in die Regierung geholt hat.
Und während sich der deutsche Bundestagspräsident bei einer Sitzblockade gegen die Neonazidemos in Dresden beteiligt, hat der dritte Österreichische Nationalratspräsident kein Problem damit,
einschlägige Rechtsextreme in seinen Mitarbeiterstaab aufzunehmen. Gewählt übrigens auch von der SPÖ. In Österreich ist das quasi Normalzustand, einen Aufreger ist das fast gar nicht mehr wert. Und genau in diesem Klima werden solche Attentäter politisiert. Sie erleben tagein, tagaus, wie gegen AusländerInnen gehetzt wird. Und sie finden das normal.
Ein Beispiel gefällig? Gegen das "Österreicher zuerst!"-Volksbegehren der FPÖ versammelten sich im Jahr 1993 rund 300.000 Menschen zur damals größten Demontration, die Österreich erlebt hatte.. Heute sind einige der Punkte umgesetzt, und niemanden juckts. Rechtsextreme Burschenschaftler dürfen Jahr für Jahr in der Hofburg feiern, während DemontrantInnen kriminalisiert und geprügelt werden.
In Österreich ist sowas ja gar nicht möglich, wird der eine oder die andere jetzt vielleicht einwerfen. Tatsächlich? Da werden seit 2003, die ÖVP befand sich gerade in einer Koalition mit der FPÖ, d
ie Burschenschaften aus dem Verfassungsschutzbericht ausgenommen. Welche Gefahr von Ihnen jedoch ausgeht, zeigt sich anhand folgender Liste:
- David Irving, einer der führenden Revisionisten, wurde auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Olympia (alte Herren unter anderem Martin Graf, Harald Stefan) verhaftet und in weiterer Folge verurteilt
- Auf einer Veranstaltung der Burschenschaft Silesia taucht plötzlich Gottfried Küssel, einer der führenden Rechtsextremen in Österreich auf
Der Rechtsextremismus stellte im Jahr 2010 keine ernsthafte Gefahr
für den Staat bzw. die Verfassung oder eine Bedrohung der
inneren Sicherheit dar.
Da fällt es fast schon nicht mehr ins Gewicht, dass der Vater einer der Hintermänner der rechtsextremen Homepage alpen-donau.info ebenfalls im BVT arbeitet. Oder dass die zuständigen Ermittler zwei Jahre lang nichts gegen eben genannte Homepage und ihre Hintermänner, die (welch Überraschung)
auch in die FPÖ beheimatet sind, unternehmen.
Diese Einzeltäter sind also ein Produkt der Gesellschaft und des Klimas, in dem sie leben. Keineswegs irgendwelche verwirrten, die keinen Kontakt zur Szene haben. Die Saat ist vor Jahren schon gelegt worden, und jetzt keimt sie und geht auf. Nur das Gegenmittel, das will keiner so recht verwenden. Dabei hat Norwegens Premier eigentlich aufgezeigt, wies geht:
"Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben.
Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr
Menschlichkeit."
Erst eine Gesellschaft, die Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht mehr als Selbstverständlich hinnimmt, die sich wehr gegen den braunen Supmf, der sich jahrelang ansammeln konnte, wird verhindern können, dass die Breiviks, Böhnhardts, Mundlos und Zschäpes dieser Gesellschaft keine Chance mehr haben.